Frauen in der Forstwirtschaft: Warum ist der Wald eine Männerdomäne?
Förster, Waldarbeiter, Waldbesitzer – wenn es um Wald geht, denken wir zuerst an die Herren der Schöpfung. Denn der Wald ist noch immer eine Männerdomäne. Aber es gibt sie, die Frauen in der Forstwirtschaft. Warum es so wenige, beleuchten wir in diesem Artikel.
Frauen in der Forstwirtschaft: Das sagen die Zahlen
Wie viele Frauen Wald besitzen, kann man nicht genau sagen. In Bayern schätzt man den Anteil an Waldbesitzerinnen auf 15 bis 20 Prozent. In Nordrhein-Westfalen sollen es etwa 30 000 sein, das entspräche zwanzig Prozent. Dazu kommen Frauen, die Wald als Mitglieder einer Ehe- oder Erbengemeinschaft besitzen (in Bayern sind das etwa 16 Prozent). Man kann also grob von einem Fünftel Frauen unter den Waldbesitzenden in Deutschland ausgehen.
Und Frauen, die sich beruflich um Wald kümmern?
2017 lag der Anteil der Försterinnen in den alten Bundesländern bei weniger als zehn Prozent, in den neuen Bundesländern immerhin bei 23 Prozent (was sich vermutlich durch die schon immer höhere Erwerbstätigkeit von Frauen in Ostdeutschland bzw. in der DDR erklären lässt).
Die Zahl der Absolventinnen der Forstwirtschaft und -wissenschaft ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. Die Frauen-Männer-Quote liegt jedoch immer noch bei 1 zu 2.
In der Papier- und Zellstoffwirtschaft, in Sägewerken und im Großhandel und Bauhandwerk sind zu 90 Prozent Männer beschäftigt.
Waldarbeiterinnen gibt es noch weniger: Von 400 Auszubildenden in Baden-Württemberg im Jahr 2014 waren nur 16 weiblich, das entspricht nur vier Prozent. Und das obwohl heute motorisierte oder computergesteuerte Maschinen viel schweißtreibende Muskelarbeit ersetzen.
Gründe für Männerdominanz im Wald
Wie in vielen anderen Branchen auch, sind „Holzberufe“ traditionell Männerjobs. Die geringe Zahl an Waldarbeiterinnen mag sich dadurch erklären lassen, dass dieser Beruf von körperlicher Arbeit geprägt ist. Aber weder als Forstrevierleitung noch als Waldbesitzer braucht man viele Muskeln. Wieso sind Frauen in der Forstwirtschaft also noch immer so unterrepräsentiert?
Das ist historisch bedingt. Zumindest, was die Rolle des Försters angeht. Sie entsprach früher eher eines Polizisten im Wald, der Brennholzdiebe jagte. Wer Förster werden wollte, musste beim Militär gewesen sein. Höhere Forstbeamte waren Offiziere aus Jägerbataillonen oder Schützenregimenten. Deshalb mutete die früher gängige Förster-Uniform auch so militärisch an.
Während diese Voraussetzungen Ende der 1970er-Jahre wegfielen, hatten Frauen dennoch kaum eine Chance, im Wald tätig zu werden. Oft wurde für den Forstdienst ein Gesundheitscheck vorausgesetzt, dessen Kriterien aus Wehrmachtszeiten stammten: 1.000-Meterlauf, Kugelstoßen, Weitsprung und Fußballspielen. So konnte man unliebe weibliche Bewerberinnen aussortieren.
So ergeht es Frauen in der Forstwirtschaft
Auch wenn Frauen heute grundsätzlich alle Forstberufe offenstehen, ist es ein weiter Weg zur Parität. Vielerorts sind traditionelle Rollenbilder und Stereotypen verbreitet:
„Als ich mein Forstwirtschaftsstudium an der BOKU Wien 1982 abgeschlossen und mich als Betriebsführerin in mehreren Forstbetrieben beworben habe, hagelte es Absagen. Mir wurde aufgrund meines Geschlechts keine fachliche Kompetenz zugetraut und eine Frau im Betrieb wurde überall als ein zu großes Risiko gesehen.“
(Quelle: Das Magazin des Bundesforschungszentrums für Wald 7/2021)
Auch viele Waldbesitzerinnen beklagen noch heute, dass sie von Männern nicht ernst genommen werden. Eine Betroffene berichtet im Magazin des Bundesforschungszentrums für Wald von ihrer Erfahrung auf forstlichen Messen: „Da wird eher der 14-jährige Sohn angesprochen, der männlicher ausschaut.“
Viele Waldbesitzerinnen nehmen keine aktive Rolle in der Forstwirtschaft ein, schon weil sie sich von der der Männerdominanz in diesem Bereich eingeschüchtert fühlen. Sie halten sich auch zurück, weil ihnen Selbstbewusstsein fehlt („die wissen/können ja viel mehr als ich“) und/oder weil sie den Großteil der Haus- und Carearbeit übernehmen. Es gibt also systemische Hürden, die Frauen von einer aktiveren Rolle in der Forstwirtschaft abhalten.
Wie können Frauen in der Forstwirtschaft gestärkt werden?
Es gibt verschiedene Ansätze, wie man Frauen in der Forstwirtschaft stärken kann. Viele gleichen den allgemeinen Bemühungen, mehr Mädchen für MINT-Karrieren zu begeistern: spezielle Angebote für Frauen (etwa rein weibliche Motorsägenkurse), Waldbesitzerinnentage, inklusive Sprache.
Außerdem wird versucht, Frauen in der Forstwirtschaft besser miteinander zu vernetzen. Dafür gibt es inzwischen in vielen Ländern speziell gegründete Organisationen, etwa die „Interessengemeinschaft Waldbesitzerinnen in NRW“, Frauen im Forstbereich oder Spillkråkan in Schweden (dort ist der Anteil der Waldeigentümerinnen nach einer Reform des Erbrechts auf über 37 Prozent gestiegen).
Um den Anteil von Frauen in den Forstrevieren der Nation zu erhöhen, könnte eine Frauenquote bei der Einstellung helfen. Sie würde sich am Anteil der Absolventinnen von Forststudiengängen orientieren.
Warum sollte sich das ändern?
Macht es überhaupt einen Unterschied, ob Frauen oder Männer Wälder besitzen; ob Männlein oder Weiblein das Revier verwalten; oder die Arbeitskräfte im Wald männlich oder weiblich sind? Dem Baum ist es doch egal, wer ihn besitzt, kontrolliert oder schlägt.
Wie überall sonst, verhilft auch im Wald Vielfalt zu Fortschritt. Untersuchungen haben gezeigt, dass weibliche Waldbesitzer teilweise andere Interessen vertreten, vorallem legen sie tendenziell mehr Wert auf ökologische Aspekte.
Frauen haben eine wichtige Stimme, die der Wald braucht. Das sehen auch die Vereinten Nationen so:
„Die Unterzeichner erkennen […] die wichtige Rolle der Frauen bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt an und bestätigen die Notwendigkeit einer vollen Beteiligung der Frau auf allen Ebenen der politischen Entscheidung und Umsetzung im Bereich der Erhaltung der biologischen Vielfalt […].
Präambel der Biodiversitätskonvention der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992