Gegenfeuer im Interview – Kohle fürs Klima
Eines der Ziele von TreePlantingProjects ist es, ein Netzwerk von Partnerorganisationen aufzubauen, die Ähnliches erreichen möchten wie wir. Dabei arbeiten wir nicht nur mit etablierten Wald- und Umweltschutzorganisationen zusammen, sondern sind offen für alle Gruppen, die spannende neue Ansätze in die Klimaschutzdebatte einbringen. Eine dieser Organisationen ist der Verein Gegenfeuer aus Ansbach, der sich unter anderem mit dem Thema Bodenverbesserung befasst. Um euch einen ersten Eindruck von Gegenfeuer zu verschaffen, haben wir ein Interview mit Mitgründer René Brudniok geführt.
Hallo René, schön, dass du dir heute für uns Zeit genommen hast. Kannst du für unsere Leser zu Beginn kurz in ein paar Sätzen zusammenfassen, was Gegenfeuer ist?
René: Im Kern ist Gegenfeuer ein Umweltschutzverein. Die meisten Klimaschutzorganisationen legen ihr Hauptaugenmerk darauf, Möglichkeiten zu finden, die vom Menschen verursachte Produktion von Kohlenstoffdioxid zu verringern oder sie mit verschiedenen Maßnahmen auszugleichen.
Mit Gegenfeuer verfolgen wir einen etwas anderen Ansatz. Wir versuchen, Wege zu finden, Kohlendioxid quasi „abzufangen“ und es in die Erde zu bringen. Das Ganze erfolgt in einem Dreischritt aus Biokohleerzeugung durch Pyrolyse, Bodenverbesserung durch das Herstellen von humusreichen Böden (z.B. mithilfe von Terra Preta) und dem Pflanzen von Bäumen.
„Gegenfeuer“ ist ein Name, der starke Assoziationen weckt und sehr kämpferisch klingt. Was steckt wirklich dahinter?
René: Den Namen „Gegenfeuer“ haben wir aus der Brandbekämpfung entlehnt. Bei schweren Waldbränden werden an strategisch gewählten Stellen sogenannte „Gegenfeuer“ gelegt. Diese kontrollierten Brände schneiden der Feuersbrunst praktisch den Weg ab. Wenn die Flammenwalze dann am Ort des Gegenfeuers ankommt, ist bereits alles abgebrannt und die Katastrophe kann sich nicht weiter in diese Richtung ausbreiten.
Der Name passt sehr gut zu uns, weil wir ebenfalls mit einem thermischen – also hitzebasierten – Verfahren, nämlich der Biokohleerzeugung, eine übermäßige Erderwärmung verhindern möchten. Wir glauben, dass Maßnahmen zur Energieeinsparung nicht ausreichen, um dem Klimawandel zu entgehen. Wir müssen zusätzlich alle Hebel in Bewegung setzen, die uns die Technik bietet, um uns aus dieser Misere zu befreien.
Wie seid ihr eigentlich auf die Idee zu Gegenfeuer gekommen? Für den Laien ist der Gedanke, Kohle zu erzeugen, um zum Klimaschutz beizutragen, ja nicht unbedingt naheliegend.
René: Gegenfeuer ist vergangenes Jahr entstanden (2019 anm. d. Red.); nach der Algenblüte im Atlantik ging die Nachricht um die Welt, dass sich ein Algenteppich gebildet hat, der von der Karibik bis nach Nordafrika reicht und aus ungefähr 20 Millionen Tonnen Biomasse besteht.
In Anbetracht der Tatsache, dass zum Beispiel die Sahelzone in Afrika, aber auch viele südeuropäische Länder dringend wieder aufgeforstet werden müssen, die Böden aber eigentlich zu schlecht sind, liegt die Idee sehr nahe, diese Biomasse dort zu nutzen. Es müsste möglich sein, solche Algenfelder zu Biokohle und Kompost zu verarbeiten. Werden diese Stoffe dann in Problemregionen in die Erde eingebracht, wird es unter Umständen auch dort wieder möglich, Bäume zu pflanzen – soweit der Ursprungsgedanke.
Diese Vision habe ich dann meinem Freund Dr. Jürgen Sitzmann vorgestellt. Jürgen ist Fachmann für Biokohleherstellung durch Pyrolyse und beschäftigt sich schon seit langer Zeit mit diesem Thema. Wir unterhielten uns an diesem Abend lange und beschlossen schließlich, gemeinsam Gegenfeuer zu gründen, um weiter in diesem Bereich zu forschen und experimentieren.
Mit Gegenfeuer wollt ihr also aus freier Biomasse im Pyrolyse-Verfahren Biokohle herstellen, die ihr dann in den Boden einbringt, um die Gegebenheiten für Pflanzunngen zu verbessern. Kannst du uns etwas mehr über Biokohle erzählen? Warum ist sie so gut für den Boden?
René: Im Prinzip ist Biokohle ganz normale Kohle. Der Unterschied liegt eher in ihrer Entstehung. Biokohle wird ausschließlich aus pflanzlichen Ausgangsstoffen hergestellt. Mit dem Begriff verbindet man außerdem gewisse Standards. So wird für Biokohle ausschließlich unbehandeltes Holz verwendet. Sie beinhaltet kaum Schadstoffe und besitzt einen hohen Kohlenstoffanteil.
Wichtig ist auch die Herstellung durch das Pyrolyseverfahren. Die pflanzlichen Rohstoffe werden dabei unter Sauerstoffmangel verbrannt. Das heißt, dass sich, anders als bei einer herkömmlichen Verbrennung, kaum Kohlenstoffdioxid bilden kann. Dazu fehlen schlicht die freien Sauerstoffmoleküle. Im Grunde ist die Pyrolyse eine Kulturtechnik, die schon seit sehr langer Zeit im Köhlerhandwerk angewendet wird. Mit der Herstellung von Biokohle können wir den Kohlenstoff, der in der Ausgangssubstanz vorliegt, für lange Zeit binden und in den Boden einbringen, ohne dass CO2 daraus entsteht, das in die Atmosphäre entweicht.
Der Boden selbst profitiert unter anderem von der Struktur der Kohle. Durch ihre Porosität ist sie einerseits ein guter Wasserspeicher. Andererseits verschafft ihr diese Eigenschaft auch eine große „Oberfläche“, auf der sich Mikroorganismen ansiedeln können. Diese Lebewesen tragen wiederum zur Verbesserung der Bodenqualität bei.
Wir wollen mit Gegenfeuer die Effektivität von Biokohle in verschiedenen Substratmischungen testen. Es laufen aktuell weltweit auch einige andere Projekte, in denen Biokohle-Substratmischungen untersucht werden. Dabei gibt es bereits einige Fortschritte und ich bin zuversichtlich, dass wir in einigen Jahren recht genau wissen, welche Mischung am besten für welchen Boden geeignet ist.
Gegenfeuer ist Partner von TreePlantingProjects. Wie genau kann man sich diese Partnerschaft vorstellen? Gibt es gemeinsame Projekte?
René: TreePlantingProjects und Gegenfeuer haben im Prinzip recht ähnliche Ziele. In letzter Konsequenz geht es bei beiden Organisationen darum, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, indem die Pflanzung von Bäumen und Wäldern ermöglicht wird.
Während bei TreePlantingProjects die Pflanzung selbst im Vordergrund steht, verfolgt Gegenfeuer einen eher wissensorientierten Ansatz. Weil wir mit unterschiedlichen Herangehensweisen ähnliche Ziele verfolgen, sehen wir natürlich Potenzial für starke Synergieeffekte. Da außerdem beide Vereine in der Region Ansbach aktiv sind, ist eine Kooperation sehr naheliegend.
Konkret arbeiten wir aktuell im Rahmen des Projektes RESPECT TPP zusammen. Die Pflanzlöcher von rund hundert Bäumen, die für RESPECT TPP gepflanzt werden, werden mit unterschiedlichen Biokohle-Substratmischungen behandelt. Mithilfe einer Gruppe von Vergleichsbäumen wollen wir feststellen, wie sich das Substrat auf das Wachstum und die Gesundheit der Bäume auswirkt. Davon erhoffen wir uns, weitere Erkenntnisse über die Effektivität von Biokohle-Substratmischungen zu gewinnen.
Momentan steht ihr mit Gegenfeuer noch am Anfang eurer Reise. Wo soll es in Zukunft hingehen und wie kann man sich bei euch einbringen?
René: Wir sind aktuell noch ein recht kleiner Verein. Ein wichtiger Punkt ist es deshalb erst einmal als Verein zu wachsen, damit wir unsere Ideen in größerem Umfang testen und umsetzen können.
In der näheren Zukunft wollen wir in erster Line Grundlagenforschung betreiben: Welche Substratmischung eignet sich wo? Gibt es optimale Mischverhältnisse? Diese Fragen beschäftigen uns momentan besonders. Wir werden in diese Richtung weiter forschen und uns weiter vernetzen. Wir hoffen, langfristig ein Konzept bereitstellen zu können, das sich auch an anderen Orten durchführen und multiplizieren lässt.
Innerhalb der nächsten Jahre planen wir außerdem, unser Klimabaum-Konzept umzusetzen. Dabei handelt es sich um einen Mikroansatz, mit dem wir in Städten oder auf kleinen Brachflächen unter Zuhilfenahme von Biokohle-Substrat Bäume pflanzen werden. So möchten wir es zum Beispiel kleineren Ladengeschäften ermöglichen, mit uns klimaneutral zu werden.
Darüber hinaus wollen wir Referenzflächen aufbauen, die langen Trockenperioden, Starkregenereignissen und Stürmen trotzen können. Anbauflächen, welche die zu erwartenden Klimaveränderungen bereits mit einbeziehen.
Für Leute, die sich für unseren Ansatz interessieren und gerne bei Gegenfeuer dabei sein möchten, sind wir am besten per E-Mail unter info@gegenfeuer.eu erreichbar.
Wir danken René herzlich für das interessante Gespräch und wünschen ihm viel Erfolg mit Gegenfeuer. Auf eine gute Zusammenarbeit!
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